Ein geplatzter Hauskauf – und die rechtlichen Folgen für Verkäufer

Beim privaten Immobilienverkauf entscheidet in der Regel der Verkäufer, wem er sein Haus verkauft. Doch was passiert, wenn anderen Interessenten im Vorfeld ernsthafte Zusagen gemacht wurden – und dann doch jemand anderes den Zuschlag bekommt? In bestimmten Fällen können enttäuschte Käufer rechtlich gegen den Verkäufer vorgehen – und Schadensersatz fordern. Grundlage dafür ist das Prinzip der culpa in contrahendo, also des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen. In diesem Beitrag zeigen wir, wann ein Schadensersatzanspruch möglich ist, worauf Betroffene achten müssen – und stellen ein praktisches Musterschreiben zur Verfügung.

Nutzen Sie unsere Checkliste, um herauszufinden, ob die Voraussetzungen für Schadensersatz beim geplatzten Hauskauf zutreffen.

Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch:

  1. Vertragsanbahnung mit ernsthaften Verhandlungen
  2. Zusage oder irreführendes Verhalten des Verkäufers
  3. Vertrauensschaden beim Interessenten (z. B. Gutachter, Finanzierungskosten)
  4. Kausalität zwischen Verhalten und Schaden
  5. Kein Vertragsabschluss, aber trotzdem ein konkreter Vermögensnachteil

Auch wenn kein Kaufvertrag zustande kommt, kann ein Verkäufer haftbar gemacht werden, wenn er durch sein Verhalten berechtigte Erwartungen geweckt und dadurch einen finanziellen Schaden verursacht hat. Vorvertragliche Rücksichtnahme ist beim Hausverkauf nicht nur fair – sondern rechtlich geboten.

Wir stellen Ihnen einen Mustertext für ein außergerichtliches Schadensersatzschreiben zur Verfügung.

Andere Interessenten haben in den meisten Fällen jedoch keinen Anspruch, wenn sie nicht Käufer werden. Solange kein notarieller Kaufvertrag besteht, ist der Verkäufer frei, zu entscheiden, wem er das Haus verkauft. Nur bei besonders treuwidrigem Verhalten könnte es in Ausnahmefällen zivilrechtliche Konsequenzen geben.

Es gelten hier die Grundsätze der Privatautonomie und Vertragsfreiheit.

Wichtige rechtliche Grundsätze:

  1. Vertragsfreiheit (§ 311 BGB)
    Jeder kann frei entscheiden, mit wem er einen Vertrag schließt – auch beim Hausverkauf.
    → Es besteht keine Verpflichtung, einem bestimmten Interessenten zu verkaufen.
  2. Kein Anspruch durch bloßes Interesse oder Besichtigung
    • Allein das Interesse, eine Besichtigung oder auch ein fortgeschrittenes Gespräch begründen keinen rechtlichen Anspruch auf Kauf.
    • Auch mündliche Zusagen sind nicht bindend, solange kein notariell beurkundeter Kaufvertrag geschlossen wurde (§ 311b BGB).
  3. Ausnahme – culpa in contrahendo (§ 311 Abs. 2, 3 BGB)
    In seltenen Fällen könnte ein enttäuschter Interessent Schadensersatz fordern, z. B. wenn:→ In der Praxis aber sehr schwer durchzusetzen, und meist kommt es nicht dazu.
    • der Verkäufer wissentliche Täuschung oder
    • unredliches Verhalten gezeigt hat (z. B. bewusst über längere Zeit falsche Hoffnung gemacht und dadurch Kosten verursacht – etwa für Gutachten, Finanzierungen, etc.).

Ein Verkäufer kann belangt werdenwenn er grob fahrlässig oder vorsätzlich falsche Erwartungen erzeugt und dem Interessenten dadurch ein messbarer Schaden entsteht. Das ist aber eher die Ausnahme und selten erfolgreich, da der Nachweis schwer ist.

Der Ausnahmefall für Schadensersatzanspruch 

Hier ist ein Beispiel für einen Ausnahmefall, in dem ein enttäuschter Interessent möglicherweise einen Schadensersatzanspruch gegen den Verkäufer hätte – auf Basis von culpa in contrahendo (Verschulden bei Vertragsverhandlungen):

Beispiel: Treuwidriges Verhalten des Verkäufers

Ausgangssituation

Herr Müller verkauft privat sein Haus. Interessent A bekundet starkes Interesse. Es kommt zu mehreren Besichtigungen, intensiven Gesprächen und Verhandlungen. Herr Müller:

  • sichert A mehrfach zu, dass er der Käufer werden soll,
  • bittet A, bereits einen Finanzierungskredit aufzunehmen und
  • veranlasst A, ein kostenpflichtiges Gutachten über das Haus einzuholen.

Herr Müller versichert, dass „alles nur noch Formsache“ sei – der Notartermin werde „in Kürze angesetzt“.

Plötzliche Wende

Ohne Vorwarnung verkauft Herr Müller das Haus einem anderen Interessenten (Käufer B), weil dieser spontan ein besseres Angebot macht.

Mögliche rechtliche Folge

Interessent A könnte nun auf Schadensersatz klagen – z. B. für:

  • die Kosten des Gutachtens,
  • etwaige Gebühren für den bereits abgeschlossenen Finanzierungsvertrag,
  • andere Auslagen im Vertrauen auf den baldigen Vertragsschluss.

Die Begründung wäre: Verletzung vorvertraglicher Pflichten (§ 311 Abs. 2 BGB i. V. m. § 241 Abs. 2 BGB) – der Verkäufer hat bei ernsthaften Vertragsverhandlungen das Vertrauen des Käufers in unredlicher Weise enttäuscht.

Aber

  • hätte keinen Anspruch auf das Haus selbst – der Hausverkauf ist wirksam.
  • Ein Anspruch auf Schadensersatz setzt nachweisbares treuwidriges Verhalten voraus (bloßes „Umentscheiden“ reicht nicht!).
Wir sind erfahrene Rechtsanwälte und haben uns auf Vertragsrecht spezialisiert, lassen Sie sich beraten.

BGH-Urteil vom 17. Januar 2008 (Az. III ZR 224/06)

Hier ein konkretes Beispiel aus der deutschen Rechtsprechung – ein BGH-Urteil, das zeigt, wie culpa in contrahendo im Immobilienbereich funktioniert:

Sachverhalt

Ein Makler informierte einen Käufer bei einem Hauskauf – auch während der notariellen Beurkundung – falsch, das Grundstück sei nicht restitutions‑ bzw. rückübertragungsbefangen (d.h. es lägen keine Rechte Dritter zugunsten früherer Eigentümer vor). Aufgrund dieser Fehlinformation schloss der Käufer den Vertrag ab.

Rechtsfrage

Kann der Käufer Schadensersatz verlangen, weil er sich zu dem Kauf entschlossen hat aufgrund dieser falschen Vorinformation – also schon, bevor ein offizieller Notarvertrag zustande kam?

Entscheidung & Begründung

  • Der BGH bejahte dies – ja, der Käufer kann Schadensersatz fordern nach §§ 280 I, 311 II, 241 II BGB .
  • Der Grund: Der Verkäufer (oder Makler als dessen Vertreter) hat eine vorvertragliche Pflicht verletzt, nämlich den Käufer korrekt über den Status des Grundstücks aufzuklären.
  • Der Schadensersatz soll den Käufer so stellen, als hätte er den Vertrag nicht abgeschlossen – „Naturalrestitution“.

Das bedeutet: Wenn der Käufer den Vertrag nur abgeschlossen hätte, weil er irrtümlich glaubte, es bestünden keinerlei Belastungen, kann er rückabwickeln bzw. über Schadensersatz nach Rückabwicklung klagen.

Wesentliche Lehren fürs private Immobiliengeschäft

  • Vorvertragliche Aufklärungspflicht: Bereits in der Verhandlungsphase (z. B. über Makler oder Verkäufer) besteht die Pflicht zur wahrheitsgemäßen Information über wesentliche Umstände.
  • Schadensersatzpflicht: Kommt der Käufer den Vertrag aufgrund falscher Vorinformationen zustande, kann er – selbst vor dem Notartermin – Schadensersatz beanspruchen.
  • Nicht nur Schadensersatz für Gutachten‑Kosten: Im entschiedenen Fall war es ein Anspruch auf Rückabwicklung, nicht nur auf Ersatz konkreter Auslagen wie Gutachten oder Finanzierungsaufwand.

Wenn ein verärgerter Interessent nachweisen kann, dass:

  1. der Verkäufer (oder sein Vertreter) eindeutig falsche Angaben gemacht hat, und
  2. er deshalb den Vertrag (oder Verkaufsprozess) weiterverfolgt hat,
  3. ihm hieraus ein nachweisbarer Vermögensschaden entstanden ist (z. B. Finanzierungskosten, Gutachten, Zinsverpflichtungen etc.),

dann besteht die Möglichkeit, auf c.i.c.‑Basis Schadensersatz geltend zu machen – möglicherweise sogar mit Rückabwicklung.

Im BGH‑Fall ging es um ein weit schwerwiegenderes Thema (Rechte Dritter), aber das Prinzip gilt auch bei privat initiierten Hausverkäufen. Wichtig ist stets der Nachweis von:

  • gezielter, falscher Information,
  • daraus resultierendem Vertrauen auf den Abschluss,
  • konkret entstandenen finanziellen Nachteilen.

Voraussetzungen für Schadensersatz beim geplatzten Hauskauf

Hier ist eine Checkliste, was ein enttäuschter Interessent rechtlich belegen müsste, um erfolgreich Schadensersatz wegen culpa in contrahendo (§§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB) geltend zu machen:

Checkliste

1. Anbahnung eines konkreten Vertragsverhältnisses (§ 311 Abs. 2 BGB)

  • Es gab ernsthafte Vertragsverhandlungen über den Hauskauf.
  • Der Verkäufer und der Interessent haben persönlich oder über Dritte (z. B. Makler) miteinander kommuniziert.
  • Der Käufer hatte einen berechtigten Grund, mit einem baldigen Vertragsschluss zu rechnen.

Beweis: E-Mails, Nachrichten, Entwürfe des Kaufvertrags, Aussagen zu Notarterminen etc.

2. Verletzung vorvertraglicher Pflichten (§ 241 Abs. 2 BGB)

  • Der Verkäufer hat pflichtwidrig falsche oder irreführende Angaben gemacht, z. B.:
    • das Haus werde „sicher“ an diesen Interessenten verkauft,
    • es gebe keine anderen Interessenten mehr,
    • der Notartermin sei „nur noch Formsache“.
  • Oder: Der Verkäufer hat den Käufer grob fahrlässig im Glauben gelassen, der Kauf sei schon entschieden.

Beweis: Zusicherungen, Chatverläufe, Aussagen von Zeugen.

3. Vertrauensschaden beim Interessenten

  • Der Interessent hat im Vertrauen auf den Vertragsschluss Aufwendungen gemacht, z. B.:
    • Finanzierung organisiert (ggf. mit Gebühren),
    • kostenpflichtige Gutachten, Sachverständige beauftragt,
    • Notartermin vorbereitet (mit Kosten),
    • möglicherweise sogar andere Immobilienangebote verpasst.

Beweis: Verträge, Rechnungen, Zahlungsbelege, Kalendernotizen.

4. Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden

  • Der Schaden (z. B. Kosten für Gutachten oder Kredit) ist gerade dadurch entstanden, dass der Käufer dem Verkäufer geglaubt hat, der Verkauf sei sicher.

5. Kein Kaufvertrag – aber trotzdem Schaden

  • Wichtig: Ein Kaufvertrag wurde nicht abgeschlossen, daher kann kein Erfüllungsanspruch geltend gemacht werden.
  • Der Anspruch bezieht sich nur auf den Vertrauensschaden, nicht auf das Eigentum am Haus.

Ergebnis:

Wenn alle Punkte erfüllt sind, kann der Interessent möglicherweise Schadensersatz verlangen, etwa für:

  • Gutachterkosten,
  • Maklerprovisionen (wenn doppelt gezahlt),
  • Kreditgebühren oder Zinsen aus vorzeitiger Finanzierung,
  • entgangene Gelegenheiten (in Ausnahmefällen).
Nutzen Sie eine Erstberatung bei unseren Anwälten. Wir sind telefonisch, online oder persönlich für Sie da, fordern Sie jetzt einen Termin an!

Schadensersatzforderung nach geplatztem Hauskauf (Muster)

Muster für ein außergerichtliches Schadensersatzschreiben wegen eines geplatzten privaten Hauskaufs auf Basis von culpa in contrahendo (§ 311 Abs. 2 BGB).

Absender (Interessent):
Max Mustermann
Musterstraße 12
12345 Musterstadt
Tel: 01234 / 567890
E-Mail: max@mustermann.de

Empfänger (Verkäufer):
Frau Erika Beispiel
Beispielweg 34
12345 Beispielstadt

Datum: 24. Juni 2025

Betreff: Schadensersatz wegen vorvertraglicher Pflichtverletzung beim geplatzten Hauskauf (Ihr Objekt: Musterstraße 45, 12345 Musterstadt)

Sehr geehrte Frau Beispiel,

wie Sie wissen, stand ich mit Ihnen in fortgeschrittenen Verhandlungen zum Erwerb Ihres Hauses in der Musterstraße 45. Sie haben mir gegenüber am [Datum] ausdrücklich zugesichert, dass ich der Käufer des Hauses sein werde und der Notartermin lediglich noch festgelegt werden müsse. Auf Ihre ausdrückliche Aufforderung hin habe ich bereits:

  • eine Immobilienfinanzierung beantragt und abgeschlossen,
  • ein unabhängiges Gutachten zum Objekt erstellen lassen,
  • alle nötigen Unterlagen zur Kaufvorbereitung beschafft und
  • die Verhandlungen mit dem von Ihnen beauftragten Notariat aufgenommen.

Am [Datum] teilten Sie mir überraschend mit, dass Sie das Objekt an eine andere Partei verkauft haben. Dies geschah, obwohl Sie mich zuvor in dem berechtigten Vertrauen bestärkt hatten, dass der Vertrag mit mir zustande kommen würde. Dieses Verhalten stellt eine Verletzung vorvertraglicher Pflichten im Sinne von § 311 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 241 Abs. 2 BGB dar.

Durch Ihr Verhalten ist mir ein konkreter finanzieller Schaden in Höhe von [z. B. 2.150,00 €] entstanden, der sich wie folgt zusammensetzt:

  • Gutachterkosten: 850,00 €
  • Finanzierungsvorbereitungsgebühr (Bank XY): 600,00 €
  • Kosten für Unterlagenbeschaffung, Fahrtkosten etc.: 700,00 €

Ich fordere Sie daher auf, mir diesen Betrag bis spätestens zum 10. Juli 2025 auf folgendes Konto zu überweisen:

Kontoinhaber: Max Mustermann
IBAN: DE00 1234 5678 9012 3456 00
BIC: MUSTDEFFXXX

Sollte bis zu diesem Zeitpunkt keine Zahlung erfolgen, behalte ich mir rechtliche Schritte vor.

Mit freundlichen Grüßen
Max Mustermann

Hinweise:

  • Anlage: Belege (z. B. Rechnung des Gutachters, Nachweise der Bankgebühren etc.) beifügen!
  • Das Schreiben kann per Einschreiben mit Rückschein versendet werden.
  • Wenn keine Reaktion erfolgt: Beratung bei einem Anwalt oder ggf. Mahnverfahren/Klage.

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