Was muss bei internationalen Verträgen beachtet werden?

Bei der internationalen Vertragsgestaltung sind zahlreiche rechtliche Aspekte zu beachten, da unterschiedliche nationale Rechtsordnungen kollidieren können. Eine umfassende Prüfung betrifft insbesondere die folgenden Punkte, die in Relation zu verschiedenen Jurisdiktionen (z. B. Deutschland, USA, England, China, Frankreich) darzustellen sind:


1. Anwendbares Recht (Rechtswahl)

Grundsatz:

  • Vertragsfreiheit: Die Parteien können grundsätzlich das anwendbare Recht frei wählen (vgl. Art. 3 Rom I-VO in der EU).
  • Fehlen einer Rechtswahl: Es gelten objektive Anknüpfungskriterien (z. B. Art. 4 Rom I-VO, „gewöhnlicher Aufenthalt“).

Unterschiede in Jurisdiktionen:

  • Deutschland / EU: Rom I-VO regelt das anwendbare Recht bei vertraglichen Schuldverhältnissen. Große Vertragsfreiheit.
  • England (Common Law): Ebenfalls Rechtswahlfreiheit, aber keine Rom I-VO. Bei Fehlen einer Rechtswahl: „closest and most real connection“.
  • USA: „Choice of Law“-Klauseln anerkannt, aber stark bundesstaatlich geprägt; bei Verbraucherverträgen oder AGB kann Einschränkung bestehen.
  • China: Rechtswahl anerkannt, aber zwingendes chinesisches Recht kann Anwendung finden (z. B. Arbeitsrecht, Wettbewerbsrecht).
  • Frankreich: EU-konform (Rom I), mit starker Tendenz zum Schutz schwächerer Vertragsparteien.

2. Gerichtsstand / Streitbeilegung

Optionen:

  • Gerichtsstandsvereinbarung
  • Schiedsgerichtsklausel (z. B. ICC, DIS, CIETAC, SIAC)

Unterschiede:

  • Deutschland / EU: Gerichtsstandsvereinbarungen anerkannt nach Art. 25 EuGVVO. Vorrang vor allgemeinen Zuständigkeitsregeln.
  • England: Anerkennt Gerichtsstandsvereinbarungen weitgehend uneingeschränkt.
  • USA: Forum selection clauses werden regelmäßig anerkannt, aber richterliches Ermessen kann zur Verwerfung führen.
  • China: Anerkennt nur bestimmte Gerichte für internationale Streitigkeiten. Schiedsgerichtsbarkeit (CIETAC) etabliert.
  • Frankreich: Grundsätzlich EU-konform, pro Schiedsgerichtsbarkeit eingestellt.

3. Vertragsinhalte und Formvorschriften

Unterschiede:

  • Deutschland: Formfreiheit, es sei denn gesetzlich vorgeschrieben (z. B. Grundstückskauf).
  • England: Keine Formerfordernisse, außer für bestimmte Arten von Verträgen (z. B. deeds).
  • USA: „Statute of Frauds“ kann Schriftform für bestimmte Verträge verlangen.
  • China: Schriftform häufig empfohlen; bestimmte Verträge benötigen staatliche Genehmigung.
  • Frankreich: Grundsätzlich Formfreiheit, Formvorschriften bei Verbraucherverträgen und bestimmten Vertragstypen.

4. Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB)

Unterschiede:

  • Deutschland / EU: Transparenzgebot, Inhaltskontrolle (§§ 305 ff. BGB).
  • England: „Reasonableness Test“ nach dem Unfair Contract Terms Act.
  • USA: UCC und „reasonable expectations doctrine“; AGB müssen explizit einbezogen werden.
  • China: Strenge Anforderungen an Klarheit und Aufklärungspflichten.
  • Frankreich: Transparenzpflichten, insbesondere gegenüber Verbrauchern.

5. Vertragsauslegung

Unterschiede:

  • Deutschland: Auslegung nach §§ 133, 157 BGB (wirklicher Wille, Treu und Glauben).
  • England: Objektiver Auslegungsmaßstab („literal rule“, „business common sense“).
  • USA: Parol Evidence Rule: Mündliche Nebenabreden schwer durchsetzbar.
  • China: Systematisch kodifizierte Auslegungsregeln.
  • Frankreich: Zweckorientierte Auslegung („interprétation téléologique“).

6. Zwingendes nationales Recht / Eingriffsnormen

  • Deutschland/EU: Art. 9 Rom I-VO – Eingriffsnormen (z. B. Kartellrecht, Verbraucherschutz).
  • USA: Zwingendes Recht kann auch bei ausländischem Vertragsstatut durchgreifen (public policy doctrine).
  • China: Nationale Interessen, Devisen- und Technologiekontrolle, können Vertragspflichten beschränken.
  • Frankreich: Verbraucherschutz und Arbeitsrecht als Eingriffsnormen.

7. Sanktionen, Exportkontrolle, Embargos

  • EU / Deutschland: Regelungen z. B. zur Exportkontrolle (Dual Use VO), Menschenrechtsklauseln.
  • USA: Umfangreiche Sanktionssysteme (OFAC), extraterritoriale Anwendung.
  • China: Exportkontrollgesetz seit 2020, Fokus auf nationale Sicherheit.
  • Frankreich / England: Sanktionsrecht in Abstimmung mit EU oder eigenständig (UK post-Brexit).

8. Vertragsdurchsetzung und Vollstreckbarkeit

  • Deutschland/EU: Anerkennung und Vollstreckung über EuGVVO oder bilaterale Abkommen.
  • England: Post-Brexit keine automatische Anerkennung mehr (nur nach common law).
  • USA: Anerkennung ausländischer Urteile bundesstaatlich geregelt, aber grundsätzlich möglich.
  • China: Anerkennt ausländische Urteile nur, wenn Gegenseitigkeit besteht; Schiedssprüche nach New Yorker Übereinkommen anerkannt.
  • Frankreich: Pro-Anerkennung, insbesondere im EU-Raum.

9. Besondere Vertragstypen

  • Vertrieb / Agentur: Zwingendes Schutzrecht für Handelsvertreter in EU (Richtlinie 86/653/EWG), nicht in USA oder China.
  • Arbeitsverträge: Schutzpflichten, Mindeststandards (z. B. Mindestlohn, Kündigungsschutz) oft zwingend.
  • Joint Ventures / IP-Verträge: Regulatorische Genehmigungen in China; Wettbewerbsrecht in EU; Geheimhaltungsstandards in USA und GB.

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